und darüber hinaus

Galerie Sybille Nütt, Dresden 21.5. - 27.6. 2015

Michael Goller - Zeichnungen und Malerei in der Galerie Sybille Nütt in Dresden


und darüber hinaus
Einführung von Sybille Nütt


MICHAEL GOLLER ist Maler, Zeichner und Verfasser von Gedichten und Texten, die mich an Kafka und Rilke gleichermaßen denken lassen und doch ganz eindeutig beides nicht sind. Seine Werke haben eine große erzählerische Komponente, jedoch nicht im klassischen Sinn. Von Anfang an verwob er auf seinen bildnerischen Werken Farben, Grafik und eine eigene Schreibart. Man sah Figürliches, Nichtfigürliches, Gegenständliches, Nichtgegenständliches, Details und symbolhafte Zeichen. Und nicht zu vergessen:
die Leere, das Offene – für Kommendes.
Ernst Bloch bezeichnet in seinem Hauptwerk “Das Prinzip Hoffnung” die Gegenwart als “blinden Fleck” auf der Netzhaut, der dementsprechend nicht “betrachtet” werden kann – im Gegensatz zur Vergangenheit, die betrachtet und analysiert werden kann und die Zukunft, für die man Wünsche und Träume formulieren kann.
In der Gegenwart kann man “nur handeln”.
Michael Goller versucht meiner Meinung nach nichts Geringeres, als diesen “blinden Fleck” darzustellen und zwar, indem er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu vereinen sucht.
Der blinde Fleck, der Moment, das Jetzt in jedem von uns ist gespeist aus Gestern, Morgen und Heute, aus Erinnerungen, Erfahrungen, Träumen, Wünschen, Dramen, Glück, dem sortierenden Denken daran und darüber und dem gleichzeitigen selektiven Wahrnehmen und Handeln im Hier und Jetzt.
Alles ist immerzu und gleichzeitig – das ist geistig nicht fassbar und doch real. Der Titel seines letzten Kataloges heißt bezeichnenderweise “Nirgendwo wo ist Eines”. Diesem Umstand verdanken die Werke von Michael Goller ihr Entstehen.
Wir befinden uns beim Betrachten in verschiedenen zeitlichen wie räumlichen Dimensionen. Auf manches scheint ein Fokus gesetzt mittels rundem oder viereckigem Ausschnitt – darin eine Geste, eine Szene, ein Detail, etwas, was soeben erinnert oder erträumt wird und wohl bedeutsam ist, weil es ja ins Bewußte kommt und gezeichnet oder gemalt wird, aber warum es das tut und ob es tatsächlich bedeutsam ist... da ist schon wieder eine neue Dimension, die Michael Goller dann eher mittels des Wortes erkundet.
Die neuesten Werke, die sogenannten Schriftrollen, scheinen eine Verbindung von Schrift - obwohl man kein geschriebenes Wort darin findet - und Zeichnung. Die Werke entstanden im letzten Jahr über Monate hinweg auf einem kleinen Tisch in großer Abgeschiedenheit, Ruhe und Konzentration. Michael Goller beschrieb zeichnend die Rolle von rechts, dabei rollte sich das Papier wieder mit ein, er hatte nie die gesamte Schriftzeichnung vor Augen. An einem bestimmten Punkt zeichnete er wieder von links nach rechts. Eine Form ergab die nächte, nicht das
gesamte letztendliche Werk war bedeutsam, sondern der Prozess, das Handeln im Hier und Jetzt.